06.04.2022
Ernährung & Landwirtschaft

Feldgeschichte #1 - Hof und Tisch sind eine Einheit

Und was kochen Sie so morgen? Wie man 10 Milliarden Menschen ernährt.

Während der Preis für die häufigste Tierart an die Fadenwürmer geht, eine etwa drei Millimeter lange lebendige Spaghetti, ist der Mensch das am weitesten verbreitete Säugetier. Wer auf Ratten oder Mäuse getippt hat, liegt also falsch: Wir sind noch zahlreicher und kommen auf allen Kontinenten vor. Wir leben auch länger, brauchen mehr Platz und essen mehr als Fadenwürmer und Mäuse zusammen. Damit werden wir für unseren Planeten zum Problemtier und müssen uns dringend etwas ausdenken, wie wir mehr Nahrungsmittel produzieren können, ohne den Planeten noch mehr zu schädigen und das Klima weiter aufzuheizen.

Zwei Wege in der Landwirtschaft
Packen wir`s an – aber wo? Gar nicht so einfach zu beantworten. Die Landwirtschaft kennt zwei Wege im Umgang mit dem Dilemma, sowohl den Ertrag zu steigern als auch schädliche Einflüsse auf die Umwelt begrenzen zu müssen. „Intensivierung“ meint dabei, dass man den begrenzten Boden im Inland möglichst effizient nutzen möchte, um die höchstmöglichen Erträge zu erzielen. Das geht allerdings auf Kosten der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, belastet das Grundwasser mit Pestiziden, lässt resistente Keime entstehen und bläst noch mehr Treibhausgase in die Atmosphäre.

Die Alternative zur Intensivierung der Landwirtschaft ist die „Extensive-Produktion“. Ein Beispiel ist ein standortgerechter Bio-Landbau. Solche Produkte schonen die regionale Umwelt – Super, könnte man denken! Leider nein, denn auch wenn die Qualität der Nahrungsmittel hoch ist, wird meist viel weniger Ertrag erzielt. Die fehlenden Nahrungsmittel müssen dann im Ausland produziert werden und die negativen Umweltwirkungen werden lediglich verlagert. Letztlich interessiert sich das Klima für die Ökobilanz des Planeten, nicht Liechtensteins.

Veränderte Essgewohnheiten als Beitrag zur Lösung
„Nicht selten beißt sich hier die Katze in den Schwanz“, sagt Urs Niggli. Der „Biopapst“ ist einer der weltweit führenden Agrarwissenschaftler und hat sein ganzes Leben der Erforschung der ökologisch verträglichen Landwirtschaft gewidmet. Dennoch oder gerade deshalb kommt er zu dem Schluss: „Es gibt nicht die eine Lösung.“ Er ist zuversichtlich, dass man das Nahrungsmittelproblem in den Griff bekommt, wenn man nicht mit ideologischen Scheuklappen durchs Leben geht, sondern voneinander lernt und seine Ernährungsgewohnheiten anpasst.

Vom Schweineschnitzel zum Rinderbraten – und möglichst viel vegetarisch
Hier setzt der Verein „Feldfreunde“ in Liechtenstein an. Gemeinsam mit einigen Liechtensteiner Pionier-Bauern und Bäuerinnen setzt er sich für eine gute, nachhaltige Ernährung ein und vernetzt Akteure und Interessengruppen vom Landwirt bis zur Konsumentin. Wenn die Landwirtschaft an ihre Grenzen stösst, müssen nämlich auch wir einen Beitrag leisten. Wir müssen so produzieren und konsumieren, dass auf dem Weg vom Acker auf den Teller weniger Essen als „Food Waste“ verlorengeht. Zudem führt kein Weg daran vorbei, weniger Fleisch zu essen, damit wir landwirtschaftliche Flächen direkt für den Menschen verwenden können und nicht für Viehfutter verschwenden müssen. Der Braten sollte also zum Sonntagsbraten werden, was nicht nur die Umwelt, sondern auch unseren Körper freut. Für Fleischliebhaber hat Urs Niggli auch eine gute Nachricht: Wiederkäuer wie Kuh, Ziege und Schaf werden weiter auf unserem Speisezettel stehen können, denn sie verdauen Gras und wo nur Gras wächst, stört auch keine Kuh.