11.10.2021
Energie & Ressourcen

Sonnenenergie macht Schule

Photovoltaikanlagen des von der Stiftung Lebenswertes Liechtenstein unterstützten Vereins Jugend Energy gibt es mittlerweile in mehreren Gemeinden des Landes. Diesen Herbst ist im Rahmen einer Projektwoche des LG Vaduz eine weitere Anlage dazugekommen: Mit tatkräftiger Hilfe von Schülern der 2. und 3. Schulstufe sind Solarzellen auf einer Fläche von knapp 80 m2 auf einem Werkhof-Gebäude der Gemeinde Schaan montiert worden.

Auf der Baustelle herrscht noch morgendliche Ruhe. Georg Fischer, LG-Lehrer und Leiter der Projektwoche, wartet mit seinen Schülern geduldig auf die eigentliche Hauptdarstellerin: die Sonne. „Das Dach ist in der Früh aufgrund der feuchten Dachziegel noch viel zu rutschig“, kennt Pascal Falk als erfahrener Solarmonteur der Firma Hasler die Tücken und Gefahren. Gemeinsam mit dem Praktikanten Kilian Müller leitet er die Arbeiten vor Ort. „Selbst für uns ist es trotz aller Sicherheitsvorkehrungen wie etwa der Geländer ringsum derzeit unmöglich, auf dem Schrägdach zu schaffen.“

Während die Sonne langsam über Bergrücken und Wald blinzelt, wandert der Blick auf die luftige, aber grossteils noch im Schatten liegende Baustelle. Über nahezu die gesamte Dachfläche ist bereits die Unterkonstruktion aus vielen Längs- und Querschienen montiert, auf denen erste Solarpanels angeschraubt sind. Die nicht ganz einfache Arbeit des Vortages, wie der 26jährige Solarmonteur verrät: „Gestern war es richtig anspruchsvoll. Das Dach hier hat Wellen und einen gröberen Knick drinnen. Trotzdem muss die Unterkonstruktion völlig eben sein, da es bei den Solarzellen sonst zu Verspannungen kommen könnte.“

Während Pascal Falk bereits erste, vorsichtige Schritte auf der Dachfläche wagt, erzählt Georg Fischer zu ebener Erde, was in der LG-Projektwoche bisher geschah: „Am Montag stand zunächst ein anschaulicher und praxisnaher Einführungstag mit Julia Frommelt von Jugend Energy auf dem Programm. Dienstag waren wir dann auf dem Energiepfad in Grabs und Mittwoch im Lawena Museum, wo uns die Geschichte der Stromerzeugung in Liechtenstein nahegebracht wurde. Ja, und seit gestern schaffen wir hier auf der Baustelle.“ Der knappe Zeitplan macht es diesmal unmöglich, die Schüler – wie sonst in solchen Projekten durchaus üblich – auch an der technischen Planung und am Finanzierungsmodell mitwirken zu lassen.

Die eigene Motivation bringt der 47jährige Lehrer schnell auf den Punkt: „Mich hat diese Projektwoche persönlich angesprochen. Erneuerbare Energie ist einfach ein Thema, das für uns alle wichtig ist.“ Kein blosses Lippenbekenntnis des Vorarlbergers, der seit rund einem Jahr eine Photovoltaikanlage am Eigenheim montiert hat und ein E-Auto fährt. „Seither macht es mir richtig Spass, auf meiner Handy-App zu verfolgen, wie viel Strom ich damit tagtäglich produziere. Es reicht tatsächlich für Heizung, Warmwasser, Haushaltsstrom und jährlich mindestens 20000 km Fahrstrecke mit meinem Auto.“

Und wie sieht es mit der Begeisterung der insgesamt 9 teilnehmenden, allesamt männlichen Schüler der 2. und 3. Schulstufe aus? Der 12jährige Luc Zünd nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Das Thema hat mich am Anfang nicht so brutal interessiert. Aber je länger ich dabei bin, umso cooler finde ich es.“ Sein 13jähriger Klassenkollege Ruben Grämiger gibt ihm recht: „Wir konnten schon am ersten Tag solarbetriebene Modellautos ausprobieren oder mit dem Fahrrad Strom zum Musikhören erzeugen. Und im Lawena Museum waren die vielen alten Geräte super.“

Interessante Einblicke, die auch Luc Zünd neugierig gemacht haben. „Auf unserem Wohnhaus gibt es schon länger eine Solaranlage. Ich dachte immer, dass die vielleicht für eine Woche im Jahr Strom erzeugt. Dabei reicht der Strom von dort für ein ganzes Jahr. Und das für drei Familien“, ist der 12jährige LG-Schüler überrascht.

Die Sonne hat mittlerweile auch auf der Baustelle gute Arbeit geleistet: die Dachfläche ist grossteils trocken und Bauleiter Pascal Falk trägt über eine Aluleiter das erste, fast 20 kg schwere Solarpanel nach oben. Praktikant Kilian Müller hat vorab einzelne Dachziegel für mehr Trittsicherheit entfernt. Auch erste Schüler dürfen endlich auf das Dach steigen. „Das Arbeiten hier oben ist schon das Coolste“, sind sich Luc und Ruben einig, während ihnen Pascal Falk den Akkuschrauber erklärt, mit dem die Panels auf die Unterkonstruktion angeschraubt werden sollen.

Ruhig und knapp sind die Anweisungen des 26jährigen Solarmonteurs, mit denen er seine jungen Helfer dirigiert: „In der Mitte tragen.“ „Bitte ab.“ „Finger aufpassen.“ „Ihr bleibt da stehen.“ – Nach und nach wird Panel nach Panel angebracht, Pascal Falk kontrolliert die exakte Position und übernimmt selbst alle heiklen Arbeitsschritte wie etwa die elektrischen Steckverbindungen. Mit dem Einsatz der Schüler ist er durchaus zufrieden: „Bis jetzt klappt alles gut. Für mich ist es allerdings das erste Mal, mit Schülern zusammenzuarbeiten und völlig neu, gleichzeitig mit so vielen Leuten auf dem Dach zu stehen.“

Das nächste Panel sitzt fest und ist verkabelt. Der erfahrene Monteur verliert keine Zeit: „Bitte wieder zwei zu mir.“ Zwei Schüler nehmen die nächste 375-Watt-Solarzelle mit fast 1,7 Meter Länge und mehr als einen Meter Breite in die Hände und tragen diese vorsichtig über die Metallschienen steigend zum Rand des Daches. Die Arbeit geht zügig voran, schliesslich soll die Anlage schon heute Abend fix-fertig montiert und das Baugerüst abgebaut sein.

Während immer mehr dunkelblaue, feinsäuberlich in Reih und Glied angebrachte Solarzellen im Sonnenlicht glänzen, zieht Lehrer Georg Fischer bereits eine erste Bilanz: „Die Zusammenarbeit mit Jugend Energy hat in allen Phasen sehr gut und einfach funktioniert. Ich freue mich schon darauf, wenn im LG dann unser Plakat hängen wird, das diese Projektwoche auch für andere Schüler, Schülerinnen und Lehrpersonen nachvollziehbar macht.“

Und was nehmen die Schüler aus den letzten Tagen mit? Ist bei dem ein oder anderen vielleicht sogar eine neuer Berufswunsch geweckt worden? – Wieder sind es Ruben und Luc, die als erste spontan und ehrlich antworten. „Ich will später einmal Schauspieler werden“, bleibt Ruben auch nach der Projektwoche seinem Traumberuf treu. „Und ich Filmregisseur“, ergänzt Luc mit einem breiten Grinser. Nach einer kurzen Nachdenkpause ergänzt der 12jährige allerdings: „Aber vielleicht dann schon mit Kameras, die mit Solarenergie funktionieren...“